Kennen Sie noch Sarah Kane?
Nach dem Artikel über die Familie als Produkt der Artikel über die Abschaffung der Notwendigkeit der Intellektuellen als Ornament.
Jedes Zeitalter hatte neben dem dekretierten Kunstbegriff auch einen der Revolte, offen oder heimlich, es gab ein dagegen in der eigenen Produktion. Bis auf heute. Der Feind ist unsichtbar geworden, der sich tarnt in der Uniform unserer eigenen Bedürfnisse, die er behauptet, so gut wie möglich zu befriedigen.
Schlimmer als diese ganzen angepassten Künstler sind nur noch jene, die das Dagegen als Ornament benutzen, unbedingt dabei zu sein. Sie sind die Schmarotzer jeder Staatskunst dennoch und diskreditieren jede aufrechte Revolte zum blosen Gestus, zum Schein, den wir nicht ernstnehmen können und deswegen misstrauisch jeder Alternative gegenüberstehen. Es sind jene die mit der Geste des falschen Punks in der Linken dennoch mit der rechten Hand jederzeit jeden echten Geldschein an Staatsknete einstecken, während sie mit der linken Hand öffentliche Protestbriefe schreiben gegen die Ungerechtigkeit eines Systems, das sie nicht beachten würde und von dem sie im Aberwitz solcherart ausschliesslich leben.
Sie sind nicht die Ungeschicktesten, denn mit ihrem Gejammer auf Staatsbezahlung schrecken sie jede ihre potenzielle Konkurrenz solcherart ab, dass sie am Ende alleine dennoch auf der Seite der Guten stehend, gut vom Staat in den Mund zu leben vermögen, was sie ohne Ihre Pose bei klarer Betrachtung ihrer Arbeit, die nur so überleben vermag auf dem Markt. eben nur Dank jenes gefälschten Gestus der Revolte, der ihnen ein Minimum an Interesse garantiert, nicht könnten.
Weil der Systemkampf vorbei ist. Weil dieser Kapitalismus auf allen Ebenen gesiegt hat.
Was schlimmer ist als dieser Gedanke ist der Gedanke dem Werk gegenüber. kennen Sie noch Sarah Kane? “Moralisch, Gesellschaftlich” stand sie auf der richtigen Seite, also dessen, was für Gut gilt heuer. Hoch gehypt und hoch gehandelt mit ihrer Betrachtung, was der Krieg im Menschen anrichtete, aber sie schaffte es nicht an die Ursachen zu reichen, die Zusammenhänge, die über den Moment des lokalen und temporären, in diesem Falle des Serbienkrieges hinaus reichten, zu benennen.
Folgerichtig blieb es bei der Befindlichkeit. Folgerichtig finden wir uns heute schon nicht mehr wieder. Dem einen gelingt dies, den meisten eben nicht, deswegen brauchen wir auch keine Angst zu haben vor jenen Autoren, so hoch sie heute auch gehandelt werden, die nur Abfall produzieren. Es reicht, um heute dabei zu sein, aber niemals auf Dauer. Und die Fallhöhe kann enorm, beinahe unvorstellbar sein. Warum lesen wir heute noch Stendal? Weil uns der Schock über den Priestertrug und Lug, das ganze verstellte Leben uns immer noch anspringt wie am ersten Tag. Weil sich in der Verfassung des Bürgers seit jenen Tagen überhaupt nichts geändert hat. Das Werk wird Bestand haben, so lange die “moralischen” Machtverhältnisse des Kapitalismus in uns statthaben. Danach vielleicht mag es uns unverständlich erscheinen.
Es ist ja dumm, was über das temporäre Werk hinausreicht ist eben nicht die moralische Positionierung des Einzelnen als Verteidigung oder Anklage in temporäreren Machtverhältnissen, sondern die Beschreibung, die Ahnung und oft die Erkenntnis der Mechanik, wie diese grundlegend funktionieren wird im entsprechendem Systemzusammenhang. Alleine das führt beim Betrachter zu einer Wirkung, die über die reine Zeitgenossenschaft hinausreicht.
Der Geist aus dem Gerät