🐢 Der digitale Riese im Hintergrund: Wie Rechenzentren unsere Umwelt beeinflussen

Verfasst von: Anna

Im vorherigen Beitrag haben wir uns ausführlich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt. Doch wie stehen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und unser Mediennutzungsverhalten in Beziehung zueinander? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir einen Blick hinter die Kulissen der Apps und Plattformen werfen, die wir täglich nutzen. Denn im Zentrum aller digitalen Prozesse und Medienaktivitäten steht folgendes: Rechenzentren.

Rechenzentren sind heute ein wesentlicher Bestandteil unserer Dateninfrastruktur. Damit werden sämtliche Technologien, Prozesse und Akteure umfasst, die an der Erfassung, Speicherung, Verarbeitung und Verteilung von Daten beteiligt sind – von Hardware und Software über Netzwerke bis hin zu Services und Richtlinien. Trotz ihrer zentralen Rolle in der digitalen Welt haben Rechenzentren erhebliche Umweltauswirkungen, die zunehmend in den Fokus der öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussion geraten.

Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen

Eine der erheblichsten Umweltauswirkungen von Rechenzentren ist ihr hoher Energiebedarf. Für den Betrieb ihrer Server, Kühlungssysteme und anderen Infrastrukturkomponenten werden nämlich erhebliche Mengen an Energie benötigt. Ein Problem hierbei ist, dass dieser auch noch in vielen Fällen durch nicht erneuerbare Energiequellen gedeckt wird, in anderen Fällen mangelt es an Transparenz über die verwendete Energiequelle. Es entstehen hohe Treibhausgasemissionen, insbesondere Kohlendioxid (CO2) und folglich ein hoher ökologischer Fußabdruck. Patrick Brodie (2020), Professor des University College Dublin, hebt hervor, dass dieser Energieverbrauch nicht nur lokale, sondern auch globale ökologische Konsequenzen hat. Prognosen von Greenpeace zeigen, dass in Irland bis 2026 etwa 15 % des nationalen Energieverbrauchs auf Rechenzentren zurückgeführt werden können. Weltweit könnte dieser Anteil auf 20 % ansteigen, was die Dringlichkeit von nachhaltigen Lösungen unterstreicht.

Doch Emissionen sind nicht gleich Emissionen, das beschreibt Patrick Brodie in seinem Werk „Data infrastructure studies on an unequal planet“ (Brodie, 2023). Die Kritik an der Brille des „One-Worldism“ verdeutlicht, dass eine allgemeine Betrachtung von Emissionen die unterschiedlichen Ungleichheiten der Umweltprobleme nicht angemessen widerspiegelt. Emissionen wirken sich nämlich je nach Region unterschiedlich aus, wobei einige Gebiete aufgrund geografischer Gegebenheiten wie Überschwemmungen oder ungünstiger sozialer Bedingungen besonders stark betroffen sind.

Ein globaler Ansatz, der die Welt als einheitliches System betrachtet, reicht hier nicht aus, da er die regional variierenden Auswirkungen nicht genügend berücksichtigt. Um effektiv gegen die Ungleichheiten der Umweltbelastungen vorzugehen, ist es notwendig, diese Unterschiede genauer zu analysieren und gezielte Maßnahmen zu entwickeln.

Wasserverbrauch und Kühlproblematik

Ein weiterer kritischer Punkt ist der Wasserverbrauch. Rechenzentren benötigen immense Mengen Wasser zur Kühlung ihrer Anlagen, insbesondere in Regionen mit heißem Klima. Dieser hohe Wasserverbrauch stellt in Gebieten mit Wasserknappheit ein ernst zu nehmendes Problem dar. Beispielsweise nutzen Rechenzentren in Irland das kühle Klima, um Kühlungskosten zu senken und Wasserressourcen zu schonen. Dennoch bleibt der globale Wasserverbrauch durch Rechenzentren ein bedeutender Umweltfaktor.

Elektroschrott und Ressourcenausbeutung

Der Betrieb und die Entsorgung elektronischer Geräte in Rechenzentren tragen erheblich zum weltweiten Anstieg von Elektroschrott bei. Diese Abfälle stellen dann eine weitere Umweltbelastung dar, da sie schwer recyclebar sind und oft giftige Materialien enthalten, die bei falscher Entsorgung die Umwelt weiter verschmutzen.

Climate Extraction: Nutzung und Einfluss auf das Klima

Ein zentrales Konzept in Brodies Werk (2020) ist die „climate extraction“. Dieser Begriff beschreibt, wie Rechenzentren spezifische Umweltbedingungen, wie das kühle Klima Irlands, nutzen, um ihre Betriebseffizienz zu steigern. Solche klimatischen Vorteile senken nicht nur die Betriebskosten, sondern machen Irland auch zu einem strategischen Knotenpunkt im globalen Datennetzwerk. Gleichzeitig beeinflussen Rechenzentren durch ihren hohen Energieverbrauch und die daraus resultierenden Emissionen das Klima, was einen Kreislauf aus Nutzung und Beeinflussung der Umweltbedingungen schafft.

Ein weiterer Begriff, welchen Brodie einführt, ist der Begriff des “Environmental Colonialism”. Beschrieben wird dadurch die Dynamik der Ausbeutung benachteiligter Regionen durch mächtige Akteure wie Industrienationen oder Unternehmen. Umweltressourcen und Umweltbedingungen werden für wirtschaftliche Gewinne genutzt, was zu Umweltzerstörung und sozialer Ungerechtigkeit führt.

Mein Fazit

Die Umweltauswirkungen von Rechenzentren sind ein komplexes und relevantes Thema. Wir brauchen innovative Ansätze und nachhaltige Lösungen, um den steigenden Energiebedarf von Rechenzentren und die damit verbundenen ökologischen Folgen zu bewältigen. Während technologische Fortschritte und politische Maßnahmen Fortschritte bringen können, bleibt die Herausforderung bestehen, eine Balance zwischen den Anforderungen der digitalen Welt und dem Schutz unserer Umwelt zu finden.

Weiterführende Empfehlung

Falls dich das Thema interessiert, verlinke ich hier noch ein Video und zwei Podcast Folgen:

  1. Video: About Sustainability of Software – SFScon19 / Erik Albers https://media.fsfe.org/w/3RWPxsHhzS5Tn1akLkW9uu

  2. Mission Energiewende (Folge: Rechenzentren – Wie nachhaltig wohnt das Internet?) https://open.spotify.com/episode/01UlEkza0Upgeb4ekwYGmB?si=Sbd5TRIVQESAkxfxJuGFbA.

  3. Wenden bitte! (Folge: Nachhaltigkeit durch Digitalisierung) https://open.spotify.com/episode/5dBSGLSctqWuKmgGL51YHh?si=r4zAZtnfT7q1kXMOtdu2kQ

Literatur

Brodie, P. (2020). Climate extraction and supply chains of data. Media, Culture & Society, 42(7–8), 10951114. https://doi.org/10.1177/0163443720904601.

Gröger, J. (2020). Der CO2-Fußabdruck unseres digitalen Lebensstils. Öko- Institut e.V. Available at: https://www.oeko.de/blog/der-co2-fussabdruck- unseres-digitalen-lebensstils/. (Zuletzt besucht: 27.07.2024).

Lizenzierung

Ich danke dir dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, meinen Blog zu lesen!

Dieser Blog entsteht im Rahmen des Seminars “Das Fediverse – Social Media geht auch anders!”, welches von der Universität Münster angeboten wird (Stand: 2024).

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