🌏 Sind dezentralisierte Netzwerke die Zukunft der nachhaltigen Dateninfrastruktur?

Verfasst von: Anna

Der Ursprung des GreenTech Projects liegt im Seminar „Das Fediverse – Social Media geht auch anders!“ im Rahmen meines Studiums an der Universität Münster. Während der Erstellung dieser Blogbeiträge habe ich mich intensiv mit verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit und Dateninfrastruktur auseinandergesetzt. Eine zentrale Frage, die mich besonders beschäftigt hat, lautet: Wie beeinflusst unsere Nutzung sozialer Netzwerke die Umwelt? Plattformen wie Instagram, TikTok oder X (vormals Twitter) sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken, aber welche ökologischen und sozialen Kosten sind mit ihrer Nutzung verbunden? Und gibt es nachhaltigere Alternativen wie die Plattformen des Fediverse? In diesem Beitrag werde ich die Umweltauswirkungen von zentralisierten und dezentralisierten sozialen Netzwerken vergleichen und einen kritischen Blick auf Corporate Social Media im Hinblick auf Nachhaltigkeit werfen.

Corporate Social Media Plattformen wie Instagram oder X betreiben riesige Rechenzentren, um die enormen Datenmengen zu speichern und zu verarbeiten, die durch die Aktivitäten ihrer Nutzenden entstehen. Diese Rechenzentren verbrauchen große Mengen an Energie und Ressourcen. Laut eines Berichts des Natural Resources Defense Council (NRDC) verbrauchten US-amerikanische Rechenzentren im Jahr 2014 etwa 70 Milliarden Kilowattstunden Strom – das entspricht dem jährlichen Energieverbrauch von 6,4 Millionen durchschnittlichen amerikanischen Haushalten. Der Bau und Betrieb dieser Zentren erfordert zudem erhebliche Mengen an Materialien wie Beton, Stahl und Elektronik, deren Herstellung und Entsorgung weitere Umweltbelastungen verursachen.

Im Gegensatz dazu setzen dezentrale Netzwerke des Fediverse, wie zum Beispiel Mastodon, auf eine verteilte Datenverarbeitung und -speicherung, die auf viele kleinere Server verteilt ist. Diese werden oft von Einzelpersonen oder kleinen Organisationen betrieben. Diese Verteilung reduziert den Bedarf an großen Rechenzentren und ermöglicht eine effizientere Nutzung von Ressourcen. Admins von Instanzen im Fediverse haben mehr Flexibilität bei der Auswahl von Energiequellen und der Implementierung energieeffizienter Praktiken, was zu einer insgesamt geringeren Umweltbelastung führen kann. Viele kleinere Betreiber: innen setzen auf erneuerbare Energiequellen und energieeffiziente Hardware, um den ökologischen Fußabdruck weiter zu minimieren.

Die Tatsache, dass im Fediverse die Verantwortung bei den einzelnen Betreiber: innen liegt, bringt jedoch Herausforderungen mit sich, insbesondere in Bezug auf die Effizienz und Stabilität der Dienste. Nicht alle können denselben Standard an Nachhaltigkeit und Sicherheit gewährleisten, was zu einer gewissen Uneinheitlichkeit führen kann. Die zentralisierte Struktur von Plattformen wie Twitter ermöglicht eine effizientere Verwaltung und Optimierung der Ressourcen, was wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Große Datenzentren können besser kontrolliert und optimiert werden, was in der Theorie zu einer Reduktion der Gesamtemissionen führen könnte. Allerdings bleibt die Frage offen, wie viele Unternehmen tatsächlich nachhaltige Praktiken umsetzen oder welche eher Strategien des Greenwashings verwenden.

Neben den ökologischen Aspekten haben zentralisierte und dezentrale soziale Netzwerke auch unterschiedliche ökonomische Auswirkungen. Das Geschäftsmodell von Corporate Social Media Plattformen basiert auf datenintensiver Werbung. Diese Unternehmen sammeln und analysieren riesige Mengen an Nutzer: innendaten, um personalisierte Werbung zu schalten, was den Energieverbrauch weiter steigert. Nutzende zahlen indirekt durch den Verlust an Datenschutz und die Monetarisierung ihrer Daten. Darüber hinaus neigen große Plattformen dazu, Monopole zu bilden, was den Wettbewerb reduziert und die Innovationsfähigkeit einschränkt.

Dezentrale Plattformen wie Mastodon sind oft nicht-kommerziell und weniger auf datenintensive Werbung angewiesen. Sie finanzieren sich eher durch Spenden oder Mitgliedsbeiträge. Da weniger Daten für Werbung gesammelt werden, sinkt der Energieverbrauch. Zudem fördert die Dezentralisierung Wettbewerb und Innovation, da viele verschiedene Instanzen unterschiedliche Ansätze und Ideen verfolgen können.

Auch die sozialen Auswirkungen unterscheiden sich erheblich zwischen zentralisierten und dezentralisierten Netzwerken. Zentralisierte Corporate Social Media Plattformen besitzen und kontrollieren die Daten der Nutzenden, was zu Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und Überwachung führt. Große soziale Netzwerke sind außerdem anfällig für Desinformation und manipulative Praktiken, da sie über große Reichweiten verfügen und Algorithmen einsetzen, um Inhalte zu priorisieren, die oft auf dem Engagement und nicht auf ihrer Qualität basieren. In dezentralen Netzwerken behalten die Nutzenden mehr Kontrolle über ihre Daten und ihre Online-Präsenz. Admins von Instanzen können die Richtlinien und Praktiken ihrer Plattformen im “Code of Conduct” selbst festlegen. Diese Netzwerke fördern eine stärkere Community-Orientierung und individuelle Verantwortung, was zu einem respektvolleren und sichereren Online-Umfeld führen kann.

Während zentralisierte soziale Medienplattformen wie Instagram oder X erhebliche ökologische, ökonomische und soziale Herausforderungen mit sich bringen, bieten dezentrale Netzwerke wie Mastodon eine vielversprechende Alternative. Durch die Verteilung der Datenverarbeitung und -speicherung auf viele kleinere Server können Energie und Ressourcen effizienter genutzt werden. Darüber hinaus fördern dezentrale Plattformen Datenschutz, Vielfalt und Gemeinschaftsorientierung, was sie zu einer nachhaltigeren Option für die Zukunft machen kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl dezentrale als auch zentrale Dateninfrastrukturen ihre Vor- und Nachteile in Bezug auf Nachhaltigkeit haben. Dezentralisierte Netzwerke wie Mastodon bieten Potenzial für eine ökologischere und sozial gerechtere Zukunft, stehen jedoch vor der Herausforderung, diese Vorteile konsistent zu gewährleisten. Zentralisierte Plattformen wie Twitter können durch ihre Effizienz punkten, müssen aber ihre Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft ernster nehmen, um tatsächlich als nachhaltige Alternativen gelten zu können.

Welche wirklich die nachhaltigere Alternative ist, hängt letztlich von einer sorgfältigen Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile ab und davon, wie ernsthaft wir die Herausforderungen der Nachhaltigkeit im Bereich der Dateninfrastruktur angehen wollen. Dennoch ist es an der Zeit, dass wir die Art und Weise, wie wir soziale Medien nutzen und betreiben, überdenken und uns für nachhaltigere Alternativen entscheiden.

Literatur/Quellen

https://www.nrdc.org

Mertens, P. (2013). Aufbauorganisation der Datenverarbeitung: Zentralisierung – Dezentralisierung – Informationszentrum. Springer-Verlag.

Lizenzierung

Ich danke dir dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, meinen Blog zu lesen!

Dieser Blog entsteht im Rahmen des Seminars “Das Fediverse – Social Media geht auch anders!”, welches von der Universität Münster angeboten wird (Stand: 2024).

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