White Mastodon: Warum ist Mastodon trotz der aktiven Positionierung gegen Rassismus ein weißer Raum? Oder was hält BIPoC davon ab, sich zu diesem sozialen Netzwerk zu wechseln? #stopDIGITALRACISM

Ekaterina Malova, Hannah Limbach

Inhaltswarnung: Rassismus (befasst sich mit Rassismus in sozialen Medien)

Mastodon ist eine Art dezentralisiertes oder ActivityPub-basiertes soziales Medium, das als Alternative zu kommerziellen sozialen Medien wie Twitter/X entstanden ist. Hier können die Nutzer:innen selbst entscheiden, wofür sie den Raum nutzen wollen, welche Inhalte sie konsumieren und auf welche sie verzichten möchten. Einer der Punkte, auf den die meisten Mastodon-Nutzer:innen verzichten wollen, ist die Präsenz von Rassismus in den sozialen Medien. Auch wenn sich Mastodon gegen Rassismus erklärt und sich als “safe space, free from white supremacy” (Mastodon Server Covenant – https://joinmastodon.org/covenant) positioniert, gibt es einige Aspekte des Netzwerks, die Fragen verursachen und Schwarze, Indigene und People of Color (im Weiteren – People of Colour) dazu veranlassen, von einer Nutzung abzusehen. Wenn solche Fragen und Bedenken von Сommunities of Сolour ignoriert werden, führt das unvermeidlich dazu, dass Mastodon zunehmend zu einem weißen Raum wird. Nutzer:innen of Colour sind bei alternativen sozialen Netzwerken noch nicht so stark vertreten. Dieser Blogbeitrag versucht aufzuzeigen, was People of Colour davon abhält, die dezentralisierten sozialen Medien zu nutzen. Damit wollen wir ihre Anliegen in Bezug auf diese sozialen Medien hervorheben und versuchen, die folgende Frage zu beantworten: Warum ist Mastodon trotz der aktiven Positionierung gegen Rassismus ein überwiegend weißer Raum? Man kann weiter über dieses Thema erfahren, zum Beispiel aus der Diskussion mit Dr. Jonathan Flowers (hier – https://www.techpolicy.press/the-whiteness-of-mastodon/). Es soll aber auch betont werden, dass es in den öffentlichen Medien nicht so viele relevante Aussagen gibt. In diesem Beitrag werden auch ein paar Punkte aus der Diskussion aufgegriffen.

• Kampf gegen die Verbreitung von rassistischen Instanzen und Inhalten: Wer entscheidet was rassistisch ist? Zunächst gibt es rassistische Instanzen in Mastodon. Sie lassen sich nicht mit einer Aktion entfernen, wie es bei Corporate Social Media möglich ist. Der Kampf gegen sie wird durch ihre Isolierung erreicht: Instanzen, die sich als antirassistisch positionieren und/oder als Server auf der offiziellen Mastodon-Website gelistet werden wollen, blockieren die Kommunikation mit rassistischen Servern (mehr dazu – https://blog.joinmastodon.org/2019/07/statement-on-gabs-fork-of-mastodon/). Um sie zu isolieren und die Verbreitung ihrer Inhalte zu verhindern, ist daher ein kollektives Vorgehen von vielen Instanzeninhaber:innen, Administrator:innen und Moderator:innen dezentralisierter Social Media erforderlich. Zuerst besteht die Gefahr, dass in einigen Fällen die Mehrheit der Instanzen keine gemeinsame Entscheidung über ihr Vorgehen trifft. Zweitens gibt es keine Garantie, dass die Instanzen, die vor allem im Besitz von weißen Menschen sind, die Anliegen von Nutzer:innen of Colour anhören und sie wahrnehmen werden. Mit anderen Worten, die Entscheidungen darüber, welche Instanzen, Verhaltensweisen und Inhalte rassistisch sind, werden von der weißen Mehrheit getroffen, was verständlicherweise bei Сommunities of Сolour Besorgnis auslöst.

• Ressourcenintensiver Betrieb einer eigenen Instanz: People of Colour brauchen mehr Ressourcen dafür Mastodon ist im Wesentlichen ein kostenpflichtiges soziales Netzwerk, wenn es darum geht, eine eigene Instanz zu erstellen und zu betreiben. Und wir können davon ausgehen, dass im Allgemeinen weiße Instanzeninhaber: innen aufgrund der sozialen Hierarchien mehr finanzielle Ressourcen haben. Das Problem beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Frage der finanziellen Ressourcen. Instanzeninhaber: innen und Moderator: innen of Colour sollten auch mehr Zeit für die Moderation haben, weil ihre Instanzen im Visier von Rassisten: innen sind. Neben dem zusätzlichen Zeitaufwand erleben sie dann auch doppelte Gewalt: als Opfer dieser Gewalt und als Moderator: innen, die ihre Community schützen.

• Mastodons Anti-viral-Features verhindern den üblichen in sozialen Medien antirassistischen Aktivismus Eine weitere Besonderheit von Fediverse ist anti-viral-Features und die geringe Reichweite. Das erschwert die Verbreitung von nicht nur von rassistischen Propagandainhalten, sondern auch aktivistischen antirassistischen Inhalten. Deshalb ist zum Beispiel Hashtag-Aktivismus in Fediverse sehr schwer umzusetzen. Aber in Corporate social Media ist es eine Methode, um Rassismus zu bekämpfen. Die Verbreitung von Inhalten über soziale Medien ist eine Möglichkeit, die Sichtbarkeit eines Themas zu erhöhen. Mangelndes Verständnis darüber, wie Aktivismus in dezentralisierten Netzwerken umgesetzt werden kann, hält Menschen davon ab, von korporativen Netzwerken zu diesen zu wechseln.

• Die Vorschläge und Wünsche von Nutzer: innen of Colour werden ignoriert Viele marginalisierte Gruppen würden sich bei der Nutzung sozialer Medien wohler fühlen, wenn Beiträge zu sensiblen Themen mit Inhaltswarnungen oder Contentwarnungen versehen wären. Nutzer: innen of Colour sagen, dass dies weitgehend ignoriert wird und keine Warnungen zum Thema Rassismus in die Beiträge vorzufinden ist.

Das systematische Ignorieren von Problemen führt selten zu Lösungen, sondern zur Verschärfung deren Auswirkungen. Das Ignorieren der oben genannten Punkte führt dazu, dass Mastodon ein überwiegend weißer Raum bleibt. Es wäre wünschenswert, dass privilegierte Gruppen den Erfahrungen marginalisierter Gruppen zuhören, so dass Mastodon ein sicherer und unterstützender Raum wird und nicht nur eine nominelle Alternative zu Twitter/X. Vor allem, weil ActivityPub-basierte soziale Medien die Corporate Social Media tatsächlich übertreffen können, wenn es darum geht, einen Rassismus sensiblen Raum zu schaffen.

Kritik, Ergänzungen und Vorschläge zur Überwindung der oben genannten Punkte sind willkommen. #stopDIGITALRACISM

Dieser Blogbeitrag entstand im Rahmen eines Universitätsseminars; ist unter der Creative Commons Lizenz “CC BY 4.0 – Namensnennung 4.0 International” veröffentlicht.

Quellen: Flowers, J. (2023, 20. January). I say limit because the “anti-viral” features of the fediverse… Mastodon. https://zirk.us/@shengokai/109723099989840229 Hendrix, J. (2022, 23. November). The Whiteness of Mastodon. Abschrift der Diskussion. https://www.techpolicy.press/the-whiteness-of-mastodon/ Mastodon Server Covenant. https://joinmastodon.org/covenant Rochko, E. (2019, 4. Juli). Gab switches to Mastodon's code. Our statement. https://blog.joinmastodon.org/2019/07/statement-on-gabs-fork-of-mastodon/