Wer sagte wirklich “Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat”?
#zitat #mythen #feminismus #transfeindlichkeit
Ich bin ja bei Zitaten grundsätzlich immer skeptisch. Und dieses “Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat”, das einige sogenannte Feministinnen verwenden und Rosa Luxemburg zuschreiben, war etwas seltsam.
TL;DR: Sie hat es wirklich gesagt, aber nicht als ihren Gedanken.
Zunächst das Offensichtliche: die zusätzliche Aussage zur Zweigeschlechtlichkeit, die sich gerne dahinter findet, ist Rosa Luxemburg natürlich nicht anzulasten, auch wenn der Anschein erweckt wird, sie wäre Teil dieses Zitats.
Während das angebliche Rosa Luxemburg Zitat sehr weit verbreitet ist, fällt es doch auf, dass nirgendwo eine Quelle genannt wird.
Das hat den einfachen Grund, dass das Originalzitat gekürzt worden ist. Was Rosa Luxemburg tatsächlich geschrieben hat: “Wie Lassalle sagte, ist und bleibt die revolutionärste Tat, immer »das laut zu sagen, was ist«.” Veröffentlicht 1906 in einer polnischen Broschüre.
Die Kürzung ist nicht sinnentstellend. Jedoch wird unter den Tisch gekehrt, dass Rosa Luxemburg hier keinen originalen Gedanken äußert, sondern auf Ferdinand Lassalle Bezug nimmt. Der diesen Gedanken übrigens im Gegenzug Napoleon zuschreibt.
Es muss für manche ziemlich unerträglich sein, dass sich eines der großen feministischen Vorbilder gedanklich bei Männern bediente. Rosa Luxemburg käme es aber vermutlich nie in den Sinn zu behaupten, die feministische Bewegung existiere in einem Vakuum ohne äußere Einflüsse.
Nun gut, die eine suchte komplexe Lösungen für komplexe Probleme und bezahlte dafür mit ihrem Leben. Die anderen reduzieren die Komplexität der Welt um sie herum auf eine simple Dichotomie und fühlen sich damit als erhabene Kämpfer*innen.