Der Mythos vom kreativen Linkshändler
Kennt ihr die Mär vom kreativen Linkshänder? Ich finde, es ist ein faszinierendes Beispiel fehlgeleiteter psychologischer Forschung, die es versäumt, den soziokulturellen Kontext zu berücksichtigen.
In älteren Studien waren Linkshänder tatsächlich intelligenter und kreativer. Das hatte aber vor allem damit zu tun, dass zu der Zeit die meisten Linkshänder umgelernt wurden und dadurch nicht mehr als Linkshänder erkennbar waren. Wer wurde nicht umgelernt und konnte an einer solchen Studie teilnehmen? Vor allem Leute aus progressiven Familien.
Also vergleicht man Linkshändler mit Rechtshändlern: erstere ausschließlich aus progressiven Familien, letztere als einen tatsächlichen Querschnitt der Bevölkerung. Und fertig ist der signifikant höhere Anteil von kreativen Menschen unter Linkshändern.
Man hat sich auch rationale Erklärungen für den Effekt überlegt. Unterschiedliche Gehirnhälften haben unterschiedliche Zuständigkeiten! Wie wir heute wissen, sind sie aber sehr flexibel.
Sobald die Idee in die Welt gesetzt wurde, entwickelte sie natürlich ein Eigenleben. Nun hatten Linkshänder auch noch den sozialen Druck, besonders kreativ zu sein. Und plötzlich hatte man tatsächlich mehr kreative Linkshänder. Theorie bestätigt sich!
Das macht psychologische Forschung so kompliziert. Die Effekte, die man hier zu messen versucht, sind oftmals von deutlich stärkeren sozialen Faktoren überlagert. Und viel zu viele Studienergebnisse sind dementsprechend nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind.
Eine andere Richtung, aus der enorm viel zweifelhafte psychologische Forschung kommt, sind Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Die allermeisten Studien bilden einfach den Ist-Zustand der Gesellschaft ab. Und werden dann als Rechtfertigung für just diesen Zustand genommen.