🍵 Fragen und Antworten rund ums Thema „Dateninfrastruktur und Nachhaltigkeit in Münster“ mit Holger Angenent
Verfasst von: Anna
Die Dateninfrastruktur der Universität Münster ist ein entscheidender Bestandteil ihrer Forschungs- und Bildungslandschaft, auch wenn sie für uns eher im „Hintergrund“ wahrnehmbar ist. Sie umfasst nicht nur die Verwaltung und Speicherung großer Datenmengen, sondern auch die Sicherstellung, dass diese Daten effizient und nachhaltig genutzt werden können. Im Rahmen eines Interviews mit Holger Angenent, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter der Gruppe eScience-Infrastruktur am Center for Information Technology (CIT) der Universität, wurden Einblicke in die Herausforderungen und Maßnahmen rund um die Nachhaltigkeit der Dateninfrastruktur der Universität Münster gegeben. Am CIT ist Holger verantwortlich für den Dienst „Sciebo“, sowie für das High-Performance Computing (HPC).
Heute hat er sich netterweise die Zeit genommen, um meine Fragen zur Dateninfrastruktur und deren nachhaltiger Gestaltung an der Universität Münster zu beantworten. Zudem hat er nützliche Tipps gegeben, wie man selbst zur digitalen Nachhaltigkeit beitragen kann und worauf man im Umgang mit Medien und Technologien achten sollte, um den eigenen digitalen ökologischen Fußabdruck zu verringern.
Herausforderungen der Dateninfrastruktur
Holger beschreibt die Komplexität der IT-Infrastruktur und die Herausforderungen, die mit deren Betrieb verbunden sind. Eine zentrale Herausforderung ist der hohe Energiebedarf. Der Stromverbrauch der Server und die notwendige Kühlung der Hardware sind Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Besonders das High-Performance Computing (HPC) System, das von Holger und seinem Team betreut wird, stellt hohe Anforderungen:
„Das PALMA-System ist da fast der größte Einzelposten, den wir haben, mit, ich sage jetzt mal, bis zu 250 Kilowatt (Zur Einordnung: Damit könnte man 25.000 10W LED-Lampen leuchten lassen). Das ist schon echt viel und das steht alles auf ein paar Quadratmetern. Dementsprechend ist hier aber auch der Kühlungsaufwand nicht so hoch“
Im Gespräch über die Energieversorgung des CIT wird deutlich, dass die aktuelle Praxis noch nicht vollständig nachhaltig ist. Viele Gebäude beziehen derzeit einen Teil des Stroms vom Stadtstrom von Münster, also aus den Stadtwerken. Holger erklärt:
„Unser Strom kommt größtenteils von den Stadtwerken, welche aktuell noch fossile Brennstoffe wie Gas und Öl verfeuern. Das ist natürlich nicht nachhaltig, und wir sind uns bewusst, dass sich hier etwas ändern muss. Laut dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) müssen neu gebaute Rechenzentren von Anfang an mit Ökostrom versorgt werden. Für bestehende Rechenzentren gibt es zwar eine Übergangsfrist, aber diese beträgt nur zwei bis vier Jahre. Danach sind auch wir verpflichtet, bilanziell grünen Strom zu nutzen. Diese gesetzlichen Anforderungen treiben uns an, unsere Energiequellen schnell und effizient auf nachhaltige Optionen umzustellen.“
Das Energieeffizienzgesetz, das am 18. November 2023 in Kraft trat, zielt darauf ab, den Energieverbrauch in öffentlichen Gebäuden, wie Rechenzentren, zu senken. Es soll auch dazu beitragen, den Energieverbrauch insgesamt zu reduzieren, den Einsatz fossiler Brennstoffe zu verringern und zur Eindämmung des weltweiten Klimawandels beizutragen.
Nachhaltigkeitsaspekte
Nachhaltigkeit ist ein großes Thema in der Diskussion über die Dateninfrastruktur. Der Stromverbrauch eines Rechenzentrums und die kontinuierliche Kühlung der Systeme tragen erheblich zum CO2-Fußabdruck bei. Doch neben den Umweltauswirkungen durch den Betrieb der Systeme ist ein weiterer Faktor die Verwendung der Hardware und inwiefern diese nachhaltig gestaltet werden kann. Holger betont, dass die Beschaffung neuer, innovativer Hardware nicht zwangsläufig nachhaltiger ist, da die Produktion und Entsorgung von IT-Geräten erhebliche Umweltauswirkungen hat:
„Wenn ich jetzt einen Server kaufe, der sehr effizient ist, ihn ein Jahr betreibe und dann wegwerfe und den nächsten kaufe, der wieder mit ein paar Prozentpunkte effizienter ist, habe ich ja unterm Strich immer noch nichts für die Nachhaltigkeit gemacht.“
Stattdessen setzt das CIT auf den möglichst langfristigen Betrieb der Hardware, um die Umweltbelastung durch einen häufigen Austausch zu minimieren. Holger erklärt, dass die Universität daran arbeitet, die Energieeffizienz ihrer Systeme kontinuierlich zu verbessern und neue Technologien einzuführen, die weniger Energie verbrauchen:
„Es geht uns darum, die Systeme so lange wie möglich sinnvoll zu nutzen und nicht ständig neue Geräte anzuschaffen. Wir benutzen die Geräte wirklich, bis es vom Energieaufwand dann wieder unwirtschaftlich und auch umweltschädlich wird.“
Spannend ist, dass wirtschaftlich sinnvolle Lösungen für das CIT oft auch ökologische Vorteile bieten. Ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich vielmehr gegenseitig.
„Über diese letztendlich harten wirtschaftlichen Kriterien erzielt man dann eigentlich auch die ökologischen Einsparungen. Wenn mir zwei Firmen etwas anbieten und eine Option verbraucht weniger Strom, dann nehme ich natürlich den, für uns ist das günstiger. Und darüber kriegt man natürlich den Stromverbrauch und damit den CO2-Verbrauch auch runter.“
Konkrete Maßnahmen zur Verbesserung
Eine der konkreten Maßnahmen, die das CIT ergreift, betrifft die Kühlung der IT-Systeme. Die Kühlung von Servern und Hardware ist wichtig, weil Überhitzung die Leistung und Lebensdauer der Geräte erheblich beeinträchtigen und somit zu Ausfällen führen kann. Zudem ist die Kühlung entscheidend für die Energieeffizienz, da sie einen großen Teil des Stromverbrauchs ausmacht und somit einen Einfluss auf die Betriebskosten und den ökologischen Fußabdruck hat. Die Umstellung von luftgekühlten auf wassergekühlte Systeme ist hier im CIT ein wichtiger Schritt:
“Der Übergang von Luftkühlung zu Flüssigkeitskühlung bei Servern reduziert den Energieaufwand für die Kühlung erheblich: Während traditionelle luftgekühlte Systeme oft eine Power Usage Efficiency (PUE) von 1,5 aufweisen, kann Flüssigkeitskühlung die PUE auf unter 1,1 senken und somit den Energiebedarf für die Wärmeableitung drastisch minimieren. Aktuell ist es so, dass alles Große, was wir kaufen, tatsächlich nur noch flüssigkeitsgekühlt ist. [...]“
Die Power Usage Efficiency (PUE) ist eine Kennzahl zur Bewertung der Energieeffizienz von Rechenzentren. Sie misst das Verhältnis des gesamten Energieverbrauchs eines Rechenzentrums zur Energie, die tatsächlich von den IT-Systemen (wie Servern und Speichereinheiten) verbraucht wird. Der Wert ist ein Maß für den Energieaufwand der Kühlung:
„Ein traditionelles luftgekühltes Rechenzentrum liegt oft bei einem PUE von etwa 1,5, was bedeutet, dass 50 Prozent der eingesetzten elektrischen Energie noch einmal zusätzlich für die Kühlung aufgewendet werden muss“
Holger erläutert, dass die Einführung von wassergekühlten Systemen es ermöglicht, die Energieeffizienz zu steigern und gleichzeitig den CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Zukünftig sollen diese Systeme noch weiter optimiert werden:
„Die Reduzierung der PUE auf Werte unter 1,1 durch den Einsatz von Flüssigkeitskühlung kann den Energiebedarf für die Kühlung drastisch senken. Außerdem ist das Ziel der Kühlung nicht nur, die Temperatur zu regulieren, sondern auch, die Energieeffizienz zu maximieren, indem man den Kühlaufwand minimiert und die erzeugte Wärme sinnvoll nutzt. Moderne Kühlungssysteme bieten die Möglichkeit, die in den Servern entstandene Wärme nachzunutzen. Was entsteht ist bis zu 70 Grad warmes Wasser, dieses kann und muss nach dem Energieeffizienz-Gesetz (EnEfG) für die Gebäudebeheizung genutzt werden.“
Empfehlungen für das eigene Handeln
Digitale Nachhaltigkeit ist auch für Studierende ein wichtiges Thema. Ich habe Holger nach Empfehlungen gefragt, wie man im eigenen Umgang mit Medien und Technologien einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten kann:
„Auch bei der Nutzung des Laptops zählt die digitale Nachhaltigkeit“, erklärt Holger. „Ein energieeffizientes Gerät reduziert den Stromverbrauch erheblich.“ Auch wenn aktuelle, energieeffiziente Laptops sinnvoll und nachhaltig sind, sieht Holger die größeren Umweltauswirkungen bei der Produktion der Geräte. Er empfiehlt also eher eine langzeitige Nutzung und erst dann den Austausch des Geräts, wenn dieses wirklich nicht mehr funktioniert. Eine weitere Empfehlung ist, wenn möglich, den eigenen Stromanbieter auf Ökostrom umzustellen. „Das kostet vielleicht etwas mehr, aber über Vergleichsportale wie Utopia findet man oft preiswerte grüne Anbieter.“
Holger warnt auch vor der intensiven Nutzung von digitalen Services. „Der Haupt-Einfluss liegt darauf, welche Websites man nutzt. Besonders bei Streaming-Diensten wie Netflix oder KI-Anwendungen wie ChatGPT kann der Energieverbrauch der Server hoch sein.“ Er rät, solche Dienste bewusst einzusetzen und die Nutzung zu minimieren, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.
In dem Interview mit Holger habe ich gemerkt, dass das CIT Münster sehr bestrebt ist, die eigene Dateninfrastruktur kontinuierlich zu verbessern und dabei ökologische sowie ökonomische Aspekte zu berücksichtigen. Die Herausforderungen sind groß, aber durch gezielte Maßnahmen, vorrausschauende Planung und eine nachhaltige Strategie kann die Universität Münster ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten, ohne dabei die Leistungsfähigkeit der IT-Systeme zu beeinträchtigen. Holger Angenent und seine Kolleg: innen spielen dabei eine zentrale Rolle und arbeiten daran, die besten Lösungen für die Universität im CIT zu finden. Ihre Arbeit zeigt, wie wichtig es ist, technische Innovationen mit nachhaltigen Praktiken zu verbinden, um eine zukunftsfähige IT-Infrastruktur zu schaffen.
Lizenzierung
Ich danke dir dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, meinen Blog zu lesen!
Dieser Blog entsteht im Rahmen des Seminars “Das Fediverse – Social Media geht auch anders!”, welches von der Universität Münster angeboten wird (Stand: 2024).
Der Blog ist unter der “Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International (CC BY-SA 4.0)” lizensiert.