Wenn ein Joachim Stamp auf Twitter Sympathie haben will, weil ihm vorgeworfen wird, für die Corona-Toten mitverantwortlich zu sein, dann ist es schon ein eigenartiges Selbstverständnis. Es sind viele Fehler gemacht worden, und da fühlt er sich kein bisschen verantwortlich?
Ganz zu schweigen davon, dass Stamp mitnichten ein passiver Zuschauer war, der nun für das Handeln seiner Partei verantwortlich gemacht wird. Als Landesminister, der für Kitas zuständig ist, hat er viele fragwürdige Entscheidungen gefällt. Und diese hatten Folgen.
Interessanterweise impliziert die Feststellung “Ich bin ein schlechter Mensch” das genaue Gegenteil. Wenn diese Person sich überhaupt etwas zu Schulden kommen ließ, dann ist es eher eine Kleinigkeit. Denn die Einsicht, Unrecht getan zu haben, verhindert Schlimmeres.
Die wahrlich schlechten Menschen sagen das dagegen nie. Sie tun jeden Tag Unrecht, und sie machen einfach weiter. Das geht nur, wenn man das eigene Verhalten schönredet: anderen Menschen, aber vor allem auch sich selber gegenüber. Diese Menschen glauben ehrlich, Gutes zu tun.
Krude These des Tages: Kinder würden nicht zwischen Menschen unterscheiden und erst zu Rassisten gemacht, indem Leute ihnen Rassismus erklären.
Klar, man merkt ja, wie Kinder in Familien, die nie Rassismus thematisieren, ganz frei von rassistischen Vorurteilen aufwachsen. /s
Natürlich wünschen wir uns eine Gesellschaft, in der einfach alle Menschen gleich wären. Nur leben wir nicht in einer solchen Gesellschaft. Unsere Gesellschaft ist ganz und gar von subtilem Rassismus durchdrungen. Das bekommen auch Kinder mit, egal was man ihnen erzählt.
Weil “Ich kenne einen Schwarzen/Juden/Transsexuellen und ihn stört das gar nicht” immer wieder als Rechtfertigung herangezogen wird...
Vor vielen Jahren haben wir in einer größeren Teenie-Gruppe etwas diskutiert. Plötzlich brüllten alle: “Scheiß-Ossies!”
Dann ist ihnen eingefallen, dass ein Mädchen in der Runde aus Leipzig war. Plötzlich schauten alle sie fragend an. Und sie sagte: “Ja, ich mag die auch nicht.”
Ich habe mich auf eine Diskussion mit einem philosophisch gewandten Abtreibungsgegner eingelassen (ok, ich habe ihn absichtlich provoziert). Und was soll ich sagen... Die Argumentation kann gut zusammengefasst werden mit:
Ich habe “Die fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen” gesehen. Und es ist sicherlich nicht der schlechteste Film über Selbsterkenntnis, den es gibt. Aber der Teil, wo der Protagonist seinem toxischen Vater verzeihen soll? So falsch, auf so vielen Ebenen.
Wir alle kennen solche Menschen, denen ihre Eltern das Leben zur Hölle gemacht haben. Die bis an ihr Lebensende um Anerkennung betteln, sie aber nie bekommen. Die Jahrzehnte in Therapie verbringen, um einen Funken Selbstwertgefühl entwickeln zu können.